Filmen mit dem Smartphone? - Terramondeo

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Spiel-Filmen mit dem Smartphone: Geht das?

Oh ja, das geht. Allerdings ist dieses „Ja“ mit einigen „abers“ versehen. Im Ergebnis kann man sagen: Das Filmen eines Spielfilms mit dem Smartphone ist OK, wenn der Zuschauer die Unterschiede, die sich zum Fernsehen oder zum Kino ergeben, akzeptiert: Die filmtechnischen Möglichkeiten sind halt rudimentär. Wer jedoch auf dem Standpunkt steht, dass es in erster Linie auf den Inhalt des Films, also auf die Geschichte ankommt, kann auch mit einem Smartphone-Spielfilm glücklich werden. Doch wo liegen die Unterschiede genau?


Eines vorweg: Ich habe nie versucht, ein Smartphone zum Filmen einzusetzen, weil sich angesichts verfügbarer Camcorder nie die Notwendigkeit dazu ergeben hat. Der große Vorteil des Smartphones ist seine ständige Verfügbarkeit. Zudem können die Filme via Internet nahezu sofort verbreitet werden, und so sehen wir abends in der Tagesschau das wenige Stunden zuvor gefilmte Geschehen in einer Bürgerkriegsregion. Die Nachteile eines Smartphones im Vergleich zu einem Camcorder sind systembedingt. Blicken wir auf den technischen Hintergrund:


Zum Filmen benötigt man (neben dem zu filmenden Motiv) zunächst ein Objektiv. Das Licht fällt auf einen lichtempfindlichen Sensor, der – vereinfacht gesagt – für jeden Bildpunkt die Lichtstärke der drei Grundfarben Rot, Grün und Blau auffängt. So ein Sensor hatte bis vor zehn Jahren meistens eine Auflösung von 720*576 Pixel, die sog. „Standardauflösung“ (SD-Auflösung). Danach kamen die ersten HD-Sensoren (HighDefinition-Auflösung) auf mit 1280*720 und 1440*1080 Pixeln. Heute haben die meisten Sensoren FullHD-Auflösung (1920*1080 Pixel), und es gibt schon einige Sensoren mit UHD-Auflösung (3840*2160 Pixel). Nur wenige Kameras schaffen zur Zeit die 4k-Auflösung mit mehr als 4000 Pixeln Breite. Diese Auflösung ist zur Zeit noch professionellen Kinofilmen und den hierfür verwendeten Filmkameras vorbehalten. Neben der Auflösung des Sensors ist auch die Abtastrate relevant für die Bildqualität des Films. Heutzutage werden Full-HD-Auflösungen in der Regel mit 50 Vollbildern pro Sekunde (=50p) aufgezeichnet. Bei UHD sind es 25 Bilder (=25p) pro Sekunde, sowohl bei Smartphones der 700-Euro-Klasse als auch bei Camcordern in der Preiklasse bis 2.000 Euro. Die höhere Bildrate (50p) bewirkt eine bessere (=flüssigere) Darstellung von Bewegungen. Wird lediglich mit 25 Bildern pro Sekunde gefilmt, so sollten schnelle Bewegungen im Motiv vermieden werden, oder sie sollten wenigstens weiter weg von der Kamera stattfinden.

Das Bild, das der Sensor erzeugt, wird von der Kameraelektronik aus dem Sensor ausgelesen und weiter bearbeitet. Hiebei sind Camcorder grundsätzlich im Vorteil, weil ihre Signalverarbeitung auf die Bearbeitung des Video-Datenstroms optimiert ist. Beim Smartphone ist die Videoaufzeichnung lediglich eine gutgemeinte Zugabe. 

Sofern die Kamera über einen Bildstabilisator verfügt, werden die aufeinander folgenden Bilder des Sensors im Rahmen der Signalverarbeitung dahingehend untersucht, inwieweit die Kamera wackelt. Bei einem elektronischen Bildstabilisator werden die Bilder so umgerechnet, dass die Wackelbewegung verschwindet. Beim optischen Bildstabilisator dienen die Bildinformationen des Sensors dazu, eine Linse oder den Sensor so zu bewegen, dass die Wackelbewegung kompensiert wird. Das bedeutet zwangsläufig auch, dass auf einem verwackelten elektronisch stabilisierten Bild stets die volle Bewegungsunschärfe zu sehen ist, die von der Wackelbewegung hervorrufen wird. Hinzu kommt ein - allerdings praktisch fast nicht wahrnehmbarer - Schärfeverlust durch das Skalieren des Bildes, das durch die elektronische Bildstabilisierung notwendig wird. Bei der optischen Bildstabilisierung beträgt die Bewegungsunschärfe nur einen Bruchteil der Bewegungsunschärfe, die das Bild ohne die optische Bildstabilisierung aufweisen würde. Ein Smartphone verfügt niemals über die hochwertige optische Bildstabilisierung, sondern allenfalls über eine elektronische. Bereits bei Camcordern der 500-Euro-Klasse sind gut funktionierende optische Bildstabilisatoren Standard. 

Die Kamera bearbeitet die Bilder des Sensors aber auch noch in weiterer Hinsicht:

Gemäß dem aktivierten Farbprofil (das entweder unveränderbar in der Kamera einprogrammiert ist oder vom Filmer im Setup-Menü ausgewählt werden kann) werden die Farben der einzelnen Bildpunkte fein-abgestimmt. Aus diesem Grund liefern unterschiedliche Geräte beim gleichen Motiv und bei gleichen Lichtverhältnissen trotzdem geringfügig unterschiedliche Farben.

Die Kameraelektronik kann aber noch mehr: Sie kann die Verzeichnungen des Objektivs kompensieren, also gebogene oder schiefe Linien begradigen. Dieses Problem hat jedes Objektiv in mehr oder weniger großem Maße.

Abhängig von den Lichtverhältnissen des Motivs muss die Kamera das Signal des Sensors mehr oder weniger stark verstärken, wodurch Rauschen entsteht. Es gibt Farbrauschen und Helligkeitsrauschen. Die Kamera-Elektronik kann dieses Rauschen herausrechnen, allerdings führt das dazu, dass auch feine Bildinformationen, die die Kamera irrtümlich als Rauschen interpretiert, herausgerechnet werden. Hochwertige Camcorder bieten daher im Setup-Menü Einstellmöglichkeiten für den Grad dieser Herausrechnung an. Bei einem Smartphone darf man diese Einstellungsmöglichkeit nicht erwarten; der Grad des Entrauschens ist dort nicht einstellbar.

Nachdem der Video-Datenstrom in der Kamera bearbeitet worden ist, muss er auf der Speicherkarte abgespeichert werden. Auch dies ist eine Datenverarbeitung in der Kamera, die von jedem Gerät ähnlich, aber dennoch mehr oder weniger gut gemacht wird. 

Die gesamte Datenverarbeitung in der Kamera entscheidet darüber, inwieweit das aufgezeichnete Bild eher weichgezeichnet, matschig oder mit Artefakte oder Moiré verunstaltet ist.

Auch der Ton muss aufgezeichnet werden. Dazu ist im Camcorder wie auch im Smartphone ein Mikrofon nötig, ein Analog-Digital-Wandler sowie eine elektronische Datenverarbeitung und die Abspeicherung des Tons gemeinsam mit dem Filmclip.


Wie sieht's nun beim Smartphone aus? Die hochwertigen Smartphones der 700-Euro-Preisklasse machen heute schon hochauflösende und damit scharfe Bilder und Filme. Allerdings gilt dies grundsätzlich nur bei ausgezeichneten Lichtverhältnissen. Die Sensoren und die Objektive im Smartphone sind viel kleiner als in Camcordern oder in filmenden Fotoapparaten. Damit die Datenverarbeitung dieses Signals stattfinden kann, muss es in stärkerem Maße verstärkt werden. Damit geht Rauschen einher oder – bei effizienter Rauschunterdrückung des Smartphones – die Herausrechnung feiner Bilddetails. Letzteres ist beim Spielfilm praktisch nicht so schlimm, weil der Zuschauer die genauen Details des Motivs nicht kennt und auch nicht vermisst.

Smartphones verfügen nicht über Zoom-Objektive. Wenn der Filmer zoomen will, geht dies nur mit dem Smartphone-internen elektronischen Zoom, bei dem zwangsläufig die Auflösung leidet. Beispiel: Wenn das Bild um den Faktor zwei elektronisch gezoomt wird, wird nur noch ein Viertel der Fläche des Sensors für das Bild verwendet. Gespeichert wird das Bild freilich in voller Pixelgröße: Das kleine Bild wird von der Kameraelektronik hochgerechnet auf die Anzahl von Pixeln, die der Sensor normalerweise, also „ungezoomt“ liefert. Beim Spiel-Filmen mit dem Smartphone kann man sich schon bei der Planung des Films auf diesen Umstand einrichten, indem man alle Szenen so plant, dass kein Zoomen erforderlich ist. Man muss halt mit dem Smartphone näher ran gehen zum Motiv oder weiter weggehen vom Motiv. Die Verwendung des elektronischen Zooms ist nicht empfehlenswert, denn spätestens beim Betrachten des Filmclips auf dem Fernseher macht sich das hochgerechnete Bild wegen der Einbuße an Auflösung negativ bemerkbar.

Spielfilmszenen, die wir aus Kino und Fernsehen kennen, sind grundsätzlich wackelfrei. „Grundsätzlich“ heißt, dass auch bei professionellen Produktionen an den Bildrändern mitunter ungewollte Bewegungen wahrnehmbar werden, die offensichtlich auf ungenaue Kameraführung zurückzuführen sind. Diese Bewegungen fallen dem Zuschauer fast nie auf, weil der Zuschauer damit beschäftigt ist, das Geschehen auf der Leinwand zu verfolgen, und weil die Bewegungen am Bildrand sehr klein sind. Ein ganz anderes Kaliber sind die Verwackelungen des gesamten Bildes, die auftreten, wenn man eine Kamera in der Hand hält. Nur wenigen Kameramännern gelingt es, die Kamera so ruhig zu halten, als stünde sie auf einem Stativ. Und das ist wieder eine Schwäche des Smartphones: Stative für Smartphones gibt es auf dem Markt nicht, weil sie nicht für szenisches Filmen (Spiel-Filmen) gedacht sind. Wer mit dem Smartphone filmt, hält das Smartphone zwangsläufig in der Hand. Das Bild ist übrigens umso verwackelter, je stärker ins Motiv hinein gezoomt wird. Also noch ein Grund, aufs Zoomen mit dem Smartphone zu verzichten.

Beim Smartphone hat man keinen Einfluss auf die Belichtung. Diese Einflussnahme ist beim Spielfilmen aber ganz nützlich, etwa um die Verschlusszeit auf die Bewegungen im Motiv abzustimmen oder um bei schlechten Lichtverhältnissen eine geeignete Kombination aus Signalverstärkung und Belichtung zu wählen. Zudem kann die sog. “Schärfeverlagerung“ mit einem Smartphone nicht vorgenommen werden. Letzteres ist jedoch nur ein Stilmittel, das in professionellen Filmen oft anzutreffen, meiner Ansicht nach aber auch verzichtbar sind. Anstelle von Schärfeverlagerungen kann man einen (Zwischen-)Schnitt setzen, bewegte Objekte können auf gebührender Entfernung gefilmt werden, und auf Aufnahmen bei schlechtem Licht (dunkle Kellerräume, Aufnahmen bei Dämmerung oder bei Nacht) kann mit Rücksicht auf die schlechten Lowlight-Fähigkeiten von Smartphones verzichtet werden. 

Einen sichtbaren Unterschied zu professionellen Filmen gibt es aber doch noch, und der kann nicht ausgeglichen oder irgendwie umschifft werden: die Belichtung wird von dem Smartphone automatisch während der gesamten Aufnahme kontinuierlich nachgeführt. Das Gleiche gilt für das Fokussieren (sofern das Smartphone nicht superbillig ist und ein Fixfokus-Objektiv verwendet). Beispiel: Gefilmt wird eine gespielte Szene auf einem Bürgersteig. Auf der Straße fährt ein dunkler Lieferwagen entlang. Die Kamera-Automatik würde mit dem Eintreten des Lieferwagens in die Szenerie die Belichtung vergrößern. Verlässt der Lieferwagen den Bildausschnitt, so würde die Elektronik die Belichtung wieder herunterregeln. Würde die Fokussierung ebenfalls im Automatik-Modus arbeiten, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Kamera versucht, die Fokussierung nachzuregeln. Das führt dann im Filmclip zum Unschärfe-Pumpen. Daher verwenden Profis die Belichtungs- und Fokus-Automatiken nur im Vorfeld der Film-Szenen, um die richtige Belichtung / die richtige Fokussierung festzustellen. Sodann schalten sie die Filmkamera auf manuellen Betrieb um. Damit wollen sie verhindern, dass die Automatiken die Belichtung oder die Schärfe nachziehen und es so zu ungewollten Helligkeits- und Schärfe-Veränderungen auf der Leinwand kommt. Dieses würde den Zuschauer aus der Geschichte, die der Film darstellt, herausreißen, denn die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird dann auf diese aufnahmetechnischen Veränderungen gelenkt. Es ist Geschmackssache, ob man an diesem Aspekt Anstoß nimmt. Akzeptiert der Filmer dieses Verhalten seiner Automatiken nicht, muss er sie abschalten, was jedoch bei Smartphones üblicherweise nicht möglich ist. Das geht übrigens noch nicht einmal bei allen Camcordern. Ab einer Preisklasse von 700 Euro sind jedoch diverse Camcorder und filmende Fotoapparate erhältlich, bei denen die Fokussierung und die Belichtung vollständig manuell eingestellt werden können.

Auch auf die Datenverarbeitung bis hin zur Speicherung des Filmclips auf der Speicherkarte hat der Smartphone-Filmer keinen Einfluss. Dies ist allerdings verschmerzbar, wenn der Film lediglich in kleiner Auflösung übers Internet oder auf dem Smartphone gezeigt wird. Je größer der Film dargestellt wird (Fernseher oder gar Leinwand), desto wichtiger ist eine gute Datenverarbeitung – auch bezüglich der Datenspeicherung. Die Datenrate bei einer FullHD-Auflösung von 1920*1080 Pixeln in 25p (= Framerate 25 Bilder pro Sekunde) oder 50i (= Framerate 50 Halbbilder pro Sekunde) sollte 28 MBit/s nicht unterschreiten, wenn ungetrübter Fernseh-Genuss angestrebt ist. UHD-Aufnahmen mit 3840*2160 Pixeln bei 25p sollten wenigstens mit 100 Mbit/s auf die Speicherkarte gelangen.

Die Tonaufzeichnung erfolgt auch beim Smartphone entweder mit dem eingebauten Mikrofon oder mit einem externen Mikrofon. Allerdings ist das eingebaute Mikrofon nicht auf die Situation des Videofilmens optimiert, sondern in erster Linie zur Aufnahme der nur wenige Zentimeter entfernten Stimme des Smartphone-Benutzers. Fast alle Smartphones bieten die Möglichkeit, externe Mikrofone via Kabel oder Bluetooth anzuschließen. Bluetooth-Mikrofone für Smartphones sind nur als kabelloses Headset erhältlich und eignen sich nicht zur hochwertigen Aufnahme von Sprache. Außerdem setzen sie voraus, dass die Stimme höchstens zehn Zentimeter vom Mikrofon entfernt ist. Zum Filmen eignet sich diese Lösung nicht. Über einen Adapter können jedoch externe Mikrofone angeschlossen werden, die sowohl aufgrund ihrer Tonqualität als auch der elektrischen Voraussetzungen zum Filmen geeignet sind. Allerdings bietet das Smartphone keine Möglichkeit, diese Mikrofone zu befestigen. Camcorder und filmende Fotoapparate besitzen dafür einen Zubehörschuh. Aufgrund dieser Umstände empfiehlt es sich, das eingebaute Mikrofon des Smartphones zu benutzen. Im Vorfeld des Film-Drehs müsste man ausprobieren, in welchem Abstand zum Smartphone die Stimmen der Schauspieler und andere benötigte Geräusche aufgenommen werden können - in noch akzeptabler Qualität. Bei der Erstellung des Drehbuches und bei der Vorbereitung der Szenen ist auf die gewonnenen Erkenntnisse Rücksicht zu nehmen. Es ist – allerdings etwas umständlicher - auch möglich, eine Tonquelle, die sich außerhalb des Wirkbereichs des Mikrofons befindet, vorher oder nachträglich separat aufzunehmen, also z.B. Stimmen nachzusynchronisieren. Eine Notwendigkeit dafür besteht mit Sicherheit nur in einigen wenigen Filmszenen, so dass sich der zusätzliche Aufwand in Grenzen hält.


Für die Postproduktion (= das Schneiden des Films mit der Videobearbeitungssoftware) ist es übrigens egal, ob die Filmclips mit einem Smartphone oder einer hochwertigen Filmkamera aufgenommen worden sind. Umgekehrt verfügen allerdings Profi-Filmkameras häufig über spezielle Speicherformate, die von üblichen preisgünstigen Videoschnittprogrammen nicht verarbeitet werden können.
 
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